Rund 50 PDF-Seiten umfasst meine Diskussion mit ChatGPT über das Thema Tenotomie. Den Auftakt bildete die Übersetzung des offenen Briefes von Hoofing Marvellous zu diesem Eingriff. Diese Übersetzung, gründlich überarbeitet, da die KI hier noch deutliche Schwächen zeigt, findet ihr unten als PDF-Anhang. Danach folgten eine Plausibilitätsprüfung, die Durchsicht weiterer Studien und die die Beantwortung der Frage, wie in diesen Studien überhaupt „Erfolg“ definiert wird. Dies ist also kein KI-generierter Text, ihm liegt nur eine längere KI-gestützte Recherche zugrunde.
Fangen wir von vorne an, mit einer stark gekürzten Fassung des besagten Briefes:
Hoofing Marvellous ruft dazu auf, die Praxis der Durchtrennung der tiefen Beugesehne (DDFT-Tenotomy, Sehnenschnitt) bei Rotation des Hufbeins aufzugeben. HM stellt klar, dass die zugrunde liegende Theorie biomechanisch falsch ist und wissenschaftlich widerlegt wurde. Mehrere Studien zeigen, dass eine Tenotomie weder Rückrotation noch Neuausrichtung des Hufbeins bewirkt.
Der Brief kritisiert das Fehlen von Langzeitstudien und bezeichnet die Fortführung der Tenotomie trotz fehlender Evidenz als unethisch. Er fordert, bei Hufbeinrotation auf eine langfristige, korrekte, funktionale Hufrehabilitation durch fachgerechten Barhuf-Trim zu setzen, statt auf invasive Operationen.
Nach eingehender Beschäftigung mit der Materie unterschreibe ich diesen offenen Brief von ganzem Herzen und empfehle, den vollen Text zu lesen.
Um das Bild zu vervollständigen, möchte ich einige zusätzliche Gedanken, Argumente und Anmerkungen hinzufügen:
Der Sehnenschnitt ist eine irreversible, Heilung ausschließende Palliativmaßnahme:
Ein Pferd mit Sehnenschnitt wird nie wieder belastbar. Es dient als Weidedekoration, kann noch zur Zucht eingesetzt werden (was ich für tierschutzrechtlich problematisch halte), und seine Menschen freuen sich, dass es noch lebt. Tatsächlich ist es jedoch systemisch und irreversibel „trageerschöpft“, weil dem Körper wesentliche Spannungselemente fehlen, mit allen gesundheitlichen Konsequenzen.
Womit wir bei der Definition von „Erfolg“ sind, wie sie beispielsweise aus den im offenen Brief erwähnten Studien von Morrison und Eastman hervorgeht:
Als Erfolg gilt, wenn die Pferde „pasture sound“ sind, also noch eine gewisse Zeit halbwegs schmerzfrei auf der Weide stehen können. Deshalb waren nach Eastman 73 % der Pferdebesitzer mit der Maßnahme „zufrieden“. Nur 13 % der Pferde wurden in der größten Studie (Morrison, 245 Pferde) als „für mäßige Nutzung (light work) verwendbar“ eingestuft, was z. B. Schrittarbeit oder leichter Freizeitnutzung entspricht. Selbst dieser „Erfolg“, wie auch der bei den Weideornamenten, war ausschließlich mit zusätzlichem Spezialbeschlag und weiteren Maßnahmen erreichbar.
Die biotensegrale Perspektive:
Die Theorie, dass ein Sehnenschnitt zur Derotation des Hufbeins innerhalb der Hornkapsel geeignet sei, ist schon aus Sicht der hebelbasierten Modelle fragwürdig, da sowohl Schwerkraft als auch Bodenreaktionskräfte als Gegenspielerinnen der tiefen Beugesehne ignoriert werden. In einem durch adaptive Zugspannung organisierten biotensegralen System ist die Durchtrennung der stärksten Sehne in den Gliedmaßen einem vollständigen Zusammenbruch gleichzusetzen. Die Gesundheit des Pferdes, einschließlich Bewegungsapparat, Stoffwechsel, Atmung und Psyche, ist auf Bewegung ausgelegt. Immer. Mit dem Sehnenschnitt wird der Bewegungsapparat zerstört und damit der Verfall des Pferdes eingeleitet, einschließlich aller Symptome der „Trageerschöpfung“.
Paradigmenwechsel:
Der Weg zu Veränderungen führt über ein neues Bewegungsverständnis. Dieses wird an tierärztlichen Hochschulen ebenso wie an den häufig angegliederten Beschlagsschulen immer noch veraltet gelehrt. Das muss sich ändern. Die besten Therapien bleiben langfristig nutzlos, wenn kein Konsens darüber besteht, wie sich ein gesundes Reitpferd effizient bewegt. Die Datengrundlagen für das „Normal“, das Fußungstheorien und andere akademische Konzepte prägt, stammen entweder von ungerittenen Wildpferden oder von Sport- und Freizeitpferden mit pathologischen Bewegungsmustern.
Maßnahmen wie Sehnenschnitt, Kürzen der funktionalen Zehe, Zurücklegen des „Abrollpunktes“, Hochzüchten der Trachten oder ständige Verkleinerung der Fußungsflächen weisen alle auf Defizite im Bewegungsverständnis der Ausführenden hin.
Da institutionelle Veränderungen oft extrem träge verlaufen und grundlegender Wandel strukturell fast ausgeschlossen ist, bleibt zu hoffen, dass sich immer mehr Tierärztinnen, Tierärzte, Hufbearbeiterinnen und Hufbearbeiter sowie Trainerinnen und Trainer dem notwendigen und für die Pferde überlebenswichtigen Paradigmenwechsel anschließen.
Erweiterter Aufruf:
Zum Schluss möchte ich den Aufruf von Lindsay Setchell erweitern. Alle, die die oben genannten Maßnahmen zur Hufbearbeitung für zielführend halten, sollten ihre zugrunde liegenden Annahmen kritisch prüfen, statt überlieferte Glaubenssätze zu wiederholen. Ziel muss es sein, Heilung zu ermöglichen, nicht immer ausgefeiltere Krücken zu entwerfen und immer mehr Wissen über diese Krücken anzuhäufen.
Geben wir uns nicht damit zufrieden, überkommene Methoden aus reiner Gewohnheit fortzuführen. Jeder Eingriff, jede Hufbearbeitung und jede Trainingsentscheidung wirkt systemisch auf den Körper des Pferdes – im besten oder im schlechtesten Sinne. Ein echter Paradigmenwechsel bedeutet, unser Wissen immer wieder zu hinterfragen, neue Erkenntnisse zu integrieren und die Verantwortung für das Wohlergehen unserer Pferde bewusst zu übernehmen. Wer bereit ist, genau hinzusehen, erkennt: Heilung ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis von Verständnis, Geduld und konsequentem Handeln.